Dienstag, 22. März 2016

Nachtgedanken – für meine syrischen Nachbarn (nach Heinrich Heine)


Nachtgedanken – für meine syrischen Nachbarn                                       
(nach Heinrich Heine)



Denkt sie an Syrien in der Nacht,
Dann ist sie um den Schlaf gebracht,
Sie kann nicht mehr die Augen schließen,
Und ihre heißen Thränen fließen.

Die Jahre kommen und vergehn!

Seit sie die Mutter nicht gesehn,
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
Es wächst ihr Sehnen und Verlangen.

Ihr Sehnen und Verlangen wächst.

Zur Heimat geht es denn, zuletzt,

Sie denkt doch immer an die alte,
Die alte Frau, Allah – er halte!

Die alte Frau hat sie so lieb,

Und in den Briefen, die sie schrieb,

Sah’ sie wie ihre Hand gezittert,

Wie tief das Mutterherz erschüttert.

Die Mutter lag ihr stets im Sinn.
Zwölf lange Jahre floßen hin,
Zwölf lange Jahre sind verflossen,

Seit sie sie nicht an’s Herz geschlossen.


Syrien  - hab ewigen Bestand,
Du warst ein kerngesundes Land,
Mit deinen Datteln, Tamarinden,
Sie wird es nimmer wiederfinden.

Nach Syrien lechzt’ sie nicht so sehr,

Wenn nicht die Heimat dorten wär’;
Das Vaterland wird nie verderben,
Jedoch Familie - die kann sterben.



„Seit ich das Land verlassen hab’,
So viele sanken dort in’s Grab,

Die ich geliebt – wenn ich sie zähle,
So will verbluten meine Seele.

Und zählen muß ich – Mit der Zahl
Schwillt immer höher meine Qual,

Mir ist als wälzten sich die Leichen

Auf meine Brust – Gottlob! sie weichen!

Gottlob! durch meine Fenster bricht
hier heit’res deutsches Tageslicht;
Ich lebe hier – ein neuer Morgen“

Doch ewig bleiben ihr die Sorgen.